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Ein turbulentes Jahr geht zu Ende! Wird das nächste ruhiger?

Ein Resümee für uns Hausärzte am Ende dieses aufregenden Jahres ist, dass das Prinzip Hoffnung noch weniger eine Perspektive als je zuvor ist.

 

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

 

ein turbulentes Jahr geht zu Ende! Wird das nächste ruhiger?

 
Ein Resümee für uns Hausärzte am Ende dieses aufregenden Jahres ist, dass das Prinzip Hoffnung noch weniger eine Perspektive als je zuvor ist.

 
Was ist das Fazit für 2007? Neuer EBM ohne Geld zum 01.01.2008! Von der KBV als Erfolg gefeiert, der nicht klein geredet werden darf? 20 Punkte Zuschlag für die Qualifikation Psychosomatik! Waren nicht die Zusatzbudgets dreifach höher? Wo ist die Begründung für die Absenkung, waren doch die Zusatzbudgets nichts anderes als Pauschalen, die mit Leistungen gefüllt werden mussten. Und auch dabei sind schon etliche Leistungspunkte unter den Tisch gefallen. Hausbesuch 440 Punkte! Ein Erfolg? Die hausärztliche Gebühren-ordnung war zum Ärztetag in Münster fertig! Was jetzt daraus geworden ist, ist nicht das, wofür wir gekämpft haben. Sie ist nicht das, worauf sich Fachausschuss, Hausärzteverband (Delegiertenversammlung!) und damaliger KBV-Vorstand geeinigt hatten. Geeinigt mit Kinderärzten und Internisten!

 

Fazit zum EBM 2008: die Kostengrundlagen haben sich nicht verbessert, die vom Haus-ärzteverband und vom hausärztlichen Fachausschuss verlangte normative Kostenkalkulation (ausgehend von einer Musterpraxis) ist letztlich nicht akzeptiert und dementsprechend haben wir die gleichen Probleme mit der Kostenkalkulation wie beim EBM 2000plus. Die scheinbare Vereinfachung ist nichts weiter als eine neue Verkomplizierung. Gleichzeitig stellen wir fest, dass die Halbwertzeit vertragsärztlicher Gebührenordnungen rapide abnimmt. Es lohnt das Gespräch und der Vergleich mit anderen freien Berufen!

 

Was ist der Ausweg aus diesem Dilemma bzw. dem ?Tal der Tränen??


Die Selbstbestimmung der Hausärztinnen und Hausärzte! Die Stimmen, die das bestehende System in Frage stellen mehren sich. An vielen Orten werden über Vor- und Nachteile von Ausstiegsoptionen diskutiert. Dies sehen wir als Ausdruck großer Unzufriedenheit, die sich natürlich auch in die Reihen des potentiellen hausärztlichen Nachwuchses ankommt.


Wir müssen handeln und das tun wir auch. Man kann das WSG in vielen Punkten kritisieren. Aber man kann auch die positiven Aspekte suchen und nutzen. Das haben wir als Haus-ärzteverband sehr konsequent getan und uns an der Ausschreibung der AOK Baden-Württemberg zur hausarztzentrierten Versorgung nach § 73 b (neu) mit Bereinigung des an die KV gezahlten Gesamthonorars beteiligt. Wenn wir diese Ausschreibung gewinnen ? und wir sind nicht schlecht aufgestellt mit unserer HÄVG - wird das erhebliche Auswirkungen auf die gesundheitspolitische Landschaft in Deutschland haben!
 

Viele fragen, was ist eigentlich die HÄVG, die Hausärztliche Vertragsgemeinschaft? Nun, das ist eine Genossenschaft, deren Genossen zuallererst die Landesverbände des Deutschen Hausärzteverbandes sind und einzelne Vorstandsmitglieder, die allerdings nicht am Gewinn beteiligt sind, der ggf. anfällt. Nur die Landesverbände haben ein Recht auf Gewinnbeteiligung! Aus den Landesverbänden wird auch der Aufsichtsrat gestellt, der den Vorstand bestellt und überwacht. Damit sind die nach dem Genossenschaftsrecht erforder-lichen Regularien erfüllt, die vom Genossenschaftsverband überprüft werden wie beispielsweise auch bei der ApoBank und anderen Genossenschaften.


Große Aufregung herrscht natürlich bei den Mitkonkurrenten - vor allem in der KV-Welt ? bei der Ausschreibung der AOK Baden-Württemberg. Diese will nämlich eine hausarztzentrierte Versorgung anbieten, die nicht im Rahmen des Gesamtvertrages (zwischen Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen) stattfinden soll. Das bedeutet ganz konkret, dass die Gesamtvergütung bereinigt wird. Das Honorar für ärztliche Leistungen fließt nicht mehr über Konten der KV BW, sondern von der AOK zum Vertragspartner, beispielsweise direkt zur HÄVG.

Warum die Aufregung? Das neue Vertrags- und Abrechnungssystem wird neue Spielregeln im System verursachen, die sich aus einem Wettbewerb ergeben, den man bisher nicht kannte. Wer immer nur auf den Kollektivvertrag gesetzt hat, der wird sich jetzt neu orien-tieren müssen. Das fällt vielen, vor allen alt gedienten Funktionären natürlich schwer. Das System wird das Geld neu verteilen müssen: nach Leistung und Qualität! Dem ca. 700 Mio. Euro pro Jahr teurem KV-System gehen die Einnahmen verloren und man befürchtet, dass trotz aller Schwarzmalerei und Patienten ängstigender Propaganda doch ein Erfolg nicht zu verhindern ist. Und trotzdem wird ein Patient, der in BW beim Hausarzt eingeschrieben ist, im Urlaub in Hamburg behandelt werden können, ohne selbst bezahlen zu müssen.


Wie schon der § 140 erst zum Leben erweckt wurde, als er aus überkommener Struktur (Kasse/KV) herausgelöst wurde und der Hausärzteverband mit der BARMER den ersten erfolgreichen Vertrag außerhalb der alten Welt abschließen konnte, ist es jetzt mit der haus-arztzentrierten Versorgung nach § 73b. Mit der Neuformulierung im WSG, der schon lange im Gesetz stand. Kaum ist auch dieser Paragraph aus dem KV-Korsett befreit, gibt es eine Bewegung und zwar nach vorne. Der Hausärzteverband ist dabei der entscheidende Motor zur Reform des deutschen Gesundheitswesens.


Das KV-System hat uns die freiberufliche Würde genommen: Jeder Arzt wird mit Zeitprofilen traktiert! Regressandrohungen sind an der Tagesordnung. Gemeinschaftspraxen werden gezwungen, jede Handlung mit zwei Nummern zu kennzeichnen (Betriebsstätte- und Arzt-nummer) ? ist die Unterschrift unter der Abrechnung nichts mehr wert? Wem auf dieser Welt können Sie unser Abrechnungssystem noch erklären - und wer versteht noch die Inhalte eines Honorarverteilungsvertrages?


Veränderung ist dringend notwendig, aber wie man an der jüngsten Geschichte sehen kann, findet die nicht innerhalb eingefahrener Gleise statt, sondern mit innovativen Verbänden wie dem Deutschen Hausärzteverband. Als Mitglied sind Sie ganz vorne dabei.

Der Erfolg des BARMER-Vertrages lässt sich an Zahlen ablesen:
2,2 Mio. Versicherte, 40.000 Ärzte und 18.000 Apotheker beteiligen sich. Die Abrechnung ist immer unbürokratischer geworden und wir arbeiten daran, dass sie noch einfacher wird, nämlich fast automatisch online abläuft. Mitunter werden Befürchtungen geweckt, Vertragsvielfalt führe automatisch zu mehr Bürokratie. Das muss überhaupt nicht so sein. Die HÄVG als hausärztliche Organisation wird darauf achten, dass auch bei unterschied-lichen Verträgen die Abwicklung nach gleicher Struktur und damit einfach abläuft.


Was müssen wir im neuen Jahr tun?


Wir wollen mehr Zeit und Kraft für unsere Arbeit mit unseren Patienten haben und uns nicht mit bürokratisch schikanösen Dingen auseinandersetzen müssen. Auch das ist für junge Kolleginnen und Kollegen wichtig, wenn sie sich für ihre Zukunft entscheiden. Das macht den Hausarztberuf wieder attraktiver. Die Honorarsituation kann auf Dauer nicht von fach-ärztlichen Mehrheiten abhängen, die nur durch Interventionen beim Gesetzgeber (z.B.
Honorartrennung) dazu gezwungen werden können, unser Honorar nicht noch weiter zu schmälern. Es ist auch daher konsequent, sich auf die eigene Stärke zu besinnen und letztlich die Tarifhoheit für Hausärzte durchzusetzen. Dazu dienen die Verträge der HÄVG. Wir werden aber mit aller Kraft weiter dafür kämpfen müssen, unsere Rechte durchzusetzen ? in der Politik, in der Öffentlichkeit, bei unseren Konkurrenten. Und das werden wir
unvermindert auch im neuen Jahr machen.


Wir bleiben dran und Sie hoffentlich mit uns. Denn, die Arbeit mit unseren Patienten muss wieder Spaß machen!


Herzliche Grüße

Ulrich Weigeldt
Bundesvorsitzender

 

Rundschreiben vom 19.12.2007

 

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