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Rundbrief unseres Bundesvorsitzendes an alle Hausärztinnen und Hausärzte

 

Berlin, den 02. Juni 2008

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

 

wieder einmal hat ein Deutscher Ärztetag stattgefunden, der aus hausärztlicher Sicht keine wegweisenden Erkenntnisse oder Schritte nach vorne gebracht hätte.

 

Die Versammlung der bundesdeutschen Ärzteschaft vom 20. bis 23. Mai 2008 in Ulm war erneut nicht durch ein besonderes Augenmerk auf die Situation der Hausärzte gekennzeichnet. Bereits in unserer Delegiertenversammlung am 17. Mai 2008 haben wir das so genannte ?Ulmer Papier?, das der Vorstand der Bundesärztekammer als Zukunftskonzept verabschiedet sehen wollte, als nicht wegweisend ? insbesondere für die hausärztliche Tätigkeit ? bewertet. Gerade einmal knapp fünf Zeilen hat man im ?Ulmer Papier? der Situation der Hausärzte zugestanden. Das ist eindeutig zu wenig. Da war nichts zu lesen von notwendiger Honorarverbesserung, nichts vom Abbau der Bürokratie, kein Wort zu den sinnentleerten Prüforgien. Gegen den drohenden Hausarztmangel war lediglich die Delegation hausärztlicher Leistungen an medizinische Fachangestellte und andere Gesundheitsberufe zu finden. Delegationsmöglichkeiten brauchen wir für die auch ohne Hausarztmangel zunehmende Arbeitslast durch die demographische Entwicklung.

 

Selbstverständlich ist es während des Ärztetages zu teilweise sehr kontroversen Diskussionen gekommen. Die Zahl von über 60 Änderungsanträgen macht deutlich, dass nicht nur wir das Papier korrektur bedürftig fanden. Denn selbstverständlich haben die hausärztlichen Delegierten mit einer Vielzahl von Änderungsanträgen versucht, die Aussagen zur Situation der Hausärzte deutlich zu verbessern. Aber, nichts da. Trotz der hervorragenden Kooperation und Abstimmung der hausärztlichen Delegierten untereinander, ist der Deutsche Ärztetag den Anträgen der Hausärzte nicht gefolgt.

 

Was soll man nun daraus folgern?

  1. Die Diskussion des Deutschen Ärztetages 2008 spiegelt nicht die breite Aufnahme hausärztlicher Themen in Öffentlichkeit, Politik und vor allen Dingen bei den Bürgern wider. Das Anliegen der Hausärzte nach besseren Arbeitsbedingungen, nach einem leistungsgerechten Honorar, nach Zielperspektiven für junge Hausärzte und nachoptimalen Bedingungen für die Patientenversorgung sind inzwischen Themen, die überall ernsthaft diskutiert werden. Aus dem Status der Randerscheinung sind wir damit ? zumindest in der Wahrnehmung ? deutlich herausgetreten. Wenn der Deutsche Ärztetag diese zentralen Anliegen nicht als Zukunftsthemen erkennt, liegter hinter den Zeichen der Zeit zurück. Allein die Tatsache, dass unsere Pressekonferenz in Ulm eine der bestbesuchten war, verdeutlicht, welch hohes Interesse an hausärztlichen Belangen inzwischen besteht.
  2. Wir müssen aus eigener Kraft ? wie schon in der Vergangenheit ? unsere Anliegen thematisieren, bei Entscheidungsträgern platzieren, in der Öffentlichkeit auf die Situation der Hausärzte aufmerksam machen. Wir müssen Lösungskonzepte anbieten. Wir müssen unsere Zukunft selbst gestalten.

 

Der Deutsche Hausärzteverband macht all dies seit vielen Jahren in mühevoller Arbeit mit einem langen Atem. Und erfolgreich. Die Gesetzesänderung zum § 73 b SGB V ist im Wesentlichen auf die kontinuierliche Arbeit des Hausärzteverbandes zurück zu führen. Nur deshalb ist es uns jetzt möglich, einen Vertrag für die hausärztliche Versorgung mit der AOKBaden-Württemberg abzuschließen und schon in wenigen Wochen auch erfolgreich umzusetzen.

 

Dieser Vertrag hat bereits jetzt Furore gemacht. Nicht nur, weil wir endlich eine Honorierung erreichen konnten, deren durchschnittlicher Fallwert deutlich über dem liegt, was die KBV mit den Kassen aushandeln wird, sondern auch, weil durch Bürokratiereduzierung und intelligente Abrechnungsmethoden die Arbeitsbedingungen für Hausärzte deutlich verbessert werden. Wenden Sie sich an Ihren Landesverband oder an uns, um Näheres über den Hausarztvertrag in Baden-Württemberg zu erfahren.

 

Aus allen Bundesländern erreichen mich Anfragen, ob ein solcher Vertrag nicht auch in ihrem Land abgeschlossen werden kann. Das Interesse der Hausärzte ist immens groß. Ich kann hier an dieser Stelle nichts versprechen. Aber, ich kann zusichern, dass wir jeden Landesverband mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln dabei unterstützen werden, einen gleich guten Vertrag abzuschließen. Aber auch auf der Bundesebene sind wir bereit, mit interessierten Krankenkassen Hausarztverträge zu verhandeln.

 

Die Delegiertenversammlung des Deutschen Hausärzteverbandes hat am 17. Mai 2008 den Abschluss des Hausarztvertrages in Baden-Württemberg einstimmig als einen Meilenstein der Hausärzte auf dem Weg in die tarifpolitische Unabhängigkeit begrüßt, denn nur so kann auf Dauer die hausärztliche Versorgung erhalten und gestärkt werden. Das tradierte System der ärztlichen Selbstverwaltung hat sich nämlich nicht in der Lage gezeigt, die Probleme der hausärztlichen Tätigkeit und Versorgung auch nur annähernd zulösen. Nicht nur, dass die Interessen der Hausärzte auch nach jahrelangen Kämpfern noch immer nur am Rande wahrgenommen werden, sondern auch die aktuelle Idee eines Modells der ?5-Versorgungs-Ebenen? der KBV zeigt, wie weit sich das System inzwischen von der konkreten Situation der Ärzte in den Praxen entfernt hat. Neben einer ausdifferenzierten fachärztlichen Versorgungsebene, soll es eine Primärversorgungsebene geben ?wohlgemerkt nicht primärÄRZTLICHE Versorgungsebene. Hier finden sich neben Hausärzten Gynäkologen und Augenärzte sowie andere Gesundheitsfachberufe, die delegationsfähige Leistungen übernehmen. In unterversorgten Gebieten allerdings sollen in Crashkursen ausgebildete Fachärzte die hausärztliche Tätigkeit übernehmen. In diesem ?Zukunftsmodell? schätzt man somit die hausärztliche Tätigkeit so gering, dass man meint, in Kurzfortbildungen geschulte Ärzte aller Fachrichtungen könnten mal eben die hausärztliche Tätigkeit leisten!

 

Sie als aktive Hausärzte wissen, dass das eine Degradierung ihrer täglichen harten Arbeit ist. Es ist eine Verunglimpfung Ihres Engagements für Ihre Patientinnen und Patienten. Es ist eine Arroganz gegenüber Ihren alltäglichen Belastungen in der Arbeit und der Probleme, mit denen Sie immer wieder konfrontiert sind.

 

Nein, für den Deutschen Hausärzteverband ist das weder eine Alternative noch eine Zukunft für die Hausärztinnen und Hausärzte in Deutschland.

Wir zeigen nicht nur mit der neuen Vertragsform Respekt gegenüber der hausärztlichen Leistung.

 

Herzliche Grüße

Ulrich Weigeldt

Bundesvorsitzende

 

  Rundbrief vom 02. Juni 2008

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