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Rundbrief des Bundesvorsitzenden vom 08. März 2012

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

nach turbulenten Wochen möchte ich Ihnen ein kurzes Update über die wichtigsten Ereignisse geben. Intensivere gesetzliche Aktivitäten sind nach Verabschiedung des Versorgungsstrukturgesetzes für unseren Bereich derzeit nicht zu erkennen, es gibt ja auch sonst genug zu tun.

Hausarztzentrierte Versorgung

In NRW, Hessen und Bayern haben die Schiedspersonen Verträge nach § 73b festgesetzt. Während sie in NRW und Bayern mit der Einschreibung bereits begonnen haben, werden sie in Hessen nach Abschluss der Beratungen im Landesverband in Kürze beginnen. Die Verträge weisen akzeptable Honoraranlagen auf, haben beispielsweise für NRW den Vorteil der Einheitlichkeit, leiden aber unter den Bestimmungen des Absatzes 5a des § 73b SGB V, der den Vergleich zum Kollektivvertrag verlangt und Honorarverbesserungen an Einsparungen bindet. Wo Verbesserungen durch Nachverhandlungen möglich erscheinen, wird dies versucht. Aber auch dort, wo dies im Moment noch nicht aussichtsreich ist und die Ergebnisse des Vertrages noch nicht optimal sind, sollten Sie an den Verträgen teilnehmen. Sie sind ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg in die Tarifhoheit der Hausärzte. Damit untrennbar verbunden ist auch die Abrechnung und Umsetzung der Verträge über eigene Strukturen, die nicht von den Gesamtvertragspartnern (Kasse/KV) beeinflusst werden können. Das gilt auch, wenn es im Aufbau dieser Strukturen hier und da zu Stockungen kommen sollte. Eigentlich ist doch schon der erbitterte Widerstand der Kassen ein Indiz dafür, dass wir hier auf dem richtigen Weg sind. Leider wird dieses Indiz auch noch verstärkt von KV-Vorständen, die die Kollegen lieber an die Kassen verkaufen, als ihnen den Weg in eine eigenständige Position gegenüber diesen immer mehr erstarkenden Kassen zu ermöglichen. Wenn, wie zu hören ist, Mitarbeiter bei der KV Bremen dafür mit Gehaltserhöhungen belohnt werden, dass sie geholfen haben einen eigenständigen HzV-Vertrag zu verhindern, ist das mit Interessenvertretung der Pflichtmitglieder nicht mehr zu vereinbaren. Auch die Aussage des Vorstandes der KV Bremen, Scherer, die Kassen hätten keinen Vertrag mit dem Bremer Hausärzteverband gewollt, spricht eher für Kassenhörigkeit als für selbstbewusste Vertretung der Hausärzte durch das dafür angeblich zuständige Vorstandsmitglied der KV Bremen. Dass es auch anders geht, zeigen KVen wie Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und andere, auch wenn es hier nicht ohne Konflikte und Diskussionen in der Sache abgeht.

Lassen Sie sich nicht beirren, Fehlinformationen und Halbwahrheiten kursieren allenthalben. Wenn wir uns von einer ?befreienden Gesamtvergütung? mit Honorar?verteilung? befreien wollen, müssen wir den Weg über die Verträge gehen. Ein Vertrag, der lebt, kann verbessert werden, ein Vertrag der nicht lebt, bleibt wirkungslos. Ich verrate kein Geheimnis, wenn ich Ihnen mitteile, dass innerhalb der Kassen Strategien diskutiert werden, wie man die nunmehr geschiedsten und teilweise gerichtlich bestätigten Verträge doch noch unterlaufen kann. Der entscheidende Vorteil unserer Verträge, einvernehmlich geschlossen oder geschiedst, ist der direkte Honoraranspruch des Arztes gegenüber der Kasse. Dies haben im Übrigen auch Facharztgruppen erkannt, mit denen wir gerne auch gemeinsam Verträge beispielsweise nach § 73c SGB V gestalten und umsetzen. Wir haben gemeinsame Interessen für eine optimale Versorgung unserer Patienten, die wir gegenüber den Kassen durchsetzen müssen. Hier arbeiten wir gerne auch mit Kassenärzt-lichen Vereinigungen zusammen, die uns dabei unterstützen.

GEVKO

Eine Gelegenheit der Zusammenarbeit ergibt sich in einer Definition der Verbindung von Vertragsinhalten und Praxiscomputer. Dies wird gerne als eine Diskussion um eine ?Schnittstelle? dargestellt. Das wäre so, als unterhielte man sich um die Form einer Steckdose. Vergessen, oder besser vermieden, wurde bei dieser Diskussion, dass die Definition von Stromstärke und Stromspannung dabei von entscheidender Bedeutung ist. Kern der Auseinandersetzung ist die Definitionshoheit über den Datenfluss in das Praxisverwaltungssystem und wieder hinaus. Diese Definitionshoheit wollten die Kassen erlangen und haben viel Geld in ein solches System investiert. Dieses System wollten sie den Praxissoftwareherstellern kostenfrei zur Verfügung stellen. Damit wäre der direkte Weg in die Praxis frei gewesen. Dies mit dem Begriff ?Kassentrojaner? zu beschreiben ist dann wohl doch nicht so weit hergeholt, wie es uns IT-Spezialisten mit ihrer auf bestimmte Computerprogramme eingeschränkte Sichtweise erzählen wollten. Wir haben die KBV, KV-Vorstände und die Telematik-ARGE (Zusammenschluss vieler KVen zu einer GmbH) auf diesen Zusammenhang aufmerksam gemacht und ihnen verdeutlicht, dass sich die Kassen nicht auf die Sphäre der Selektivverträge beschränken werden, wenn dieses System erst einmal eta-bliert ist. Wir haben der Telematik-ARGE die Zusammenarbeit angeboten, um die Definitions-hoheit zum Schutz der Praxen in ärztlicher Hand zu behalten und sind zuversichtlich, dass die bislang konstruktiven Verhandlungen zu einem guten Ergebnis führen. Insofern war der ein-stimmige Beschluss (keine Gegenstimme, einige Enthaltungen) der KBV-VV vom 3. März, die Schnittstellendefinition in ärztlicher Hand zu behalten ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

Delegation

Das Versorgungsstrukturgesetz sieht vor, dass der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) eine Liste der delegierbaren Leistungen erstellen soll. Zu diesem Thema hat es auf Einladung des BÄK-Präsidenten Montgomery am 23. Februar ein Verbändegespräch gegeben. Dort wurde einstimmig eine Resolution verabschiedet, in der die Substitution ärztlicher Leistungen durch andere Berufe explizit abgelehnt und die Delegation ärztlicher Leistungen auf die individuelle Indikationsstellung beim Patienten bezogen und vollständig unter ärztliche Verantwortung gestellt wird. Diese Resolution ist auf der Homepage des Deutschen Hausärzteverbandes eingestellt. Der Deutsche Ärztetag wird sich im Mai mit diesem Thema befassen. Einig waren sich die Verbände, dass es hier nicht zu abschließenden Leistungslisten kommen darf, die letztlich zu einer Abwertung dieser Leistungen im EBM führen würden. Ob das Geld dann an anderer Stelle wieder auftaucht, ist schon fraglich ? dass diese Leistungen im hausärztlichen Versorgungsbereich wieder auftauchen, eher unwahrscheinlich.

Pflege

Das Pflegegesetz hat viele Fragen offen gelassen und nur wenige geklärt. Wir haben uns bereits seit langem mit dem größten Verband privater Pflegeanbieter, dem bpa, unterhalten und konnten am 18. Januar in der Bundespressekonferenz unsere Zusammenarbeit über eine Rahmenvereinbarung vorstellen. Daraus entsteht ein Vertrag, der in einigen Regionen beginnend vor allem die Heimversorgung verbessern soll. Wir sind uns mit dem bpa einig, dass die Betreuung in den Heimen zwingend von Hausärzten ausgehen und koordiniert werden muss. Wir sind uns ebenfalls einig, dass wir Hand in Hand arbeiten müssen, dabei wollen wir unsere jeweiligen Kompetenzen gegenseitig respektieren und kräftezehrende Konkurrenzhandlungen vor allem auch im Sinne unserer Patienten vermeiden. Dies ist sicherlich erst ein Anfang, aber er weist in die richtige Richtung.

Damit möchte ich für heute schließen und Ihnen einen schönen Frühlingsanfang wünschen!
Herzliche Grüße, Ulrich Weigeldt

 Rundbrief  des Bundesvorsitzenden vom 08. März 2012

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